Nachlassplanung

Ein Interview mit Rüdiger Lohkamp.

Rechtzeitig an die Nachlassplanung denken – ein Gespräch mit Rüdiger Lohkamp, Volljurist im Generationenmanagement der Hamburger Sparkasse

Herr Lohkamp, den eigenen Nachlass zu regeln, schieben viele Menschen immer wieder auf. Was ist der Grund?
RL:
Bei unangenehmen Themen neigen wir vielfach zu Verdrängung. Und die Beschäftigung mit der eigenen Endlichkeit ist da natürlich keine Ausnahme. "Für so etwas sei später immer noch genügend Zeit" höre ich oft. Andererseits hat der überwiegende Teil der Bevölkerung die Sehnsucht danach, geordnete Verhältnisse zu hinterlassen. Es soll alles dafür getan werden, um später Streit zwischen den Beteiligten zu verhindern. Diese Menschen haben ein großes Informationsbedürfnis. Gestillt wird dieses u. a. durch zahlreiche Publikationen unterschiedlicher Güteklasse. Wir haben es aber im Erbrecht mit einer recht vielschichtigen und komplexen Materie zu tun. Ich rate klar davon ab, sich das Feld im Selbststudium zu erschließen. Es gibt sehr viele gut ausgebildete Juristen und Steuerberater. Man sollte seine Scheu überwinden und mit diesen das Gespräch suchen. Selbstverständlich bietet sich die Haspa auch als Gesprächspartner an.

Herr Lohkamp, löst nicht bereits die gesetzliche Erbfolge die wesentlichsten Probleme?
RL:
Nun, die gesetzliche Erbfolge führt in den seltensten Fällen zu gewünschten Resultaten. Sie kann dazu führen, dass unerwünschte Personen erben, die Quoten unangemessen sind, heikle Erbengemeinschaften entstehen, der Ehepartner nur unzureichend beteiligt wird und erbschaftsteuerliche Nachteile die Folge sind. Bei dieser Gemengelage wird mehr als deutlich, warum eine eingehende Beratung erforderlich wird. In der Konsequenz bleibt dem potenziellen Erblasser nur, seine individuellen Wünsche in einem Testament oder Erbvertrag zu regeln.

Testament

Worauf sollte man beim Erstellen eines Testaments achten?
RL:
Bezüglich der Form sind zwei Varianten allgemein bekannt. Es handelt sich um die notarielle oder die handschriftliche Fassung. Bei der handschriftlichen Version muss der gesamte Text händisch abgefasst und unterschrieben werden. Die notarielle Version hat hingegen den Vorteil, dass sie regelmäßig den Erben die zusätzliche Beantragung eines Erbscheins erspart und von einem Profi aufgesetzt wurde. Ich plädiere regelmäßig für die Hinzuziehung eines Notars. Für die inhaltliche Ausgestaltung möchte ich primär den Hinweis geben, dass zwischen der Erbeinsetzung und einzelnen Zuwendung mittels sog. "Vermächtnisse" zu unterscheiden ist. Ansonsten ist man in der inhaltlichen Gestaltung recht frei. Das Pflichtteilsrecht setzt eventuell Grenzen, die es zu kennen gilt. Und auch die Benennung eines Testamentsvollstreckers kann unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll sein. Damit stellt man sicher, dass der persönliche letzte Wille tatsächlich umgesetzt wird.

Herr Lohkamp, wie soll man sich auf die Gestaltung des letzten Willens vorbereiten?
RL:
Zuerst sollte man sich  die Frage stellen, was man mit dem Vermögen über den Tod hinaus bewirken will. Welche Personen oder Institutionen sollen daran partizipieren? Danach erfolgt die Einteilung in Erben und Vermächtnisnehmer. Woraus setzt sich das potenzielle Nachlassvermögen zusammen? Sind die Werte bekannt? Sollen Auflagen formuliert bzw. Teilungsanordnungen getroffen werden? Solche Fragen sind anfangs zu stellen und müssen keineswegs gleich final beantwortet werden. Es gilt, den  berühmten "roten Faden" zu finden. Die Feinarbeit findet dann in einem weiteren Arbeitsschritt statt. Bei komplexen Sachverhalten sollten Sie sich immer von qualifizierten Rechtsanwälten beraten lassen.

Wann lohnt sich ein notarielles Testament?
RL:
Im Grunde ist ein notarielles Testament immer empfehlenswert, da das Verfassen eines einwandfreien Testaments für den Laien einige Hürden bereithält. Ein weiterer wesentlicher Vorteil besteht in der Ersparnis des Erbscheins. Wenn Immobilien im Nachlass stecken, dann muss ein Erbe regelmäßig einen Erbschein beibringen, bevor das Grundbuch berichtigt werden kann. Dieser sehr kostspielige und zeitraubende Akt kann lediglich durch eine "öffentliche" Urkunde ersetzt werden. Damit ist die notarielle Beurkundung gemeint. Ein handschriftliches Testament kann das nicht leisten. Die Gebühr des Notars richtet sich nach dem Reinvermögen des Testierenden. Auf die Beurkundung folgt regelmäßig die amtliche Verwahrung und Registrierung im zentralen Testamentsregister.

Und was hat es mit dem "gemeinschaftlichen" Testament auf sich?
RL:
Ehegatten oder eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner können in einer gemeinsamen Urkunde testieren. Das führt oft zwangsläufig zu einer engeren Bindung und Koordination der letzten Willen. Nach dem Ableben des Erstversterbenden kann der Überlebende an die Regelungen im Schlusserbfall gebunden sein. Man spricht von einer gesetzlichen Bindungswirkung. Hier ist genau zu überlegen, ob dem Überlebenden nicht explizit eine nachträgliche Änderungsbefugnis einzuräumen ist.

Stiftung

Herr Lohkamp, spannend wird es noch, wenn der Erblasser die Idee einer gemeinnützigen Stiftung verfolgt. Wie funktioniert diese Variante?
RL:
Zunächst muss definiert werden, was unter dem Begriff "Stiftung" eigentlich zu verstehen ist. Ein Stifter widmet mit seiner Stiftung einen Teil seines Vermögens dauerhaft der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aus der Abgabenordnung. Welche Rechtsform er dafür wählt, ist durch den Begriff "Stiftung" noch nicht geklärt. Die populärste Form einer Stiftung ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts oder die Treuhandstiftung. Damit jedoch eine dauerhafte Zweckerfüllung einer Stiftung sichergestellt ist, sollte das Stiftungsvermögen eine bestimmte Größe haben. Für die Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke können regelmäßig nur die Erträge, die durch die Vermögensverwaltung erwirtschaftet werden, herangezogen werden. Das Grundstockvermögen kann lediglich in der Variante einer "Verbrauchsstiftung" für die Zweckverfolgung herangezogen werden.

 Wie kann man sein Erbe an eine Stiftung vererben bzw. vermachen? Haben Sie hier eine Empfehlung?
RL:
Zunächst ist zu prüfen, ob nicht eine reine Förderstiftung den gesteckten Anforderungen bereits genügt und die Errichtung einer sog. „selbständigen“ Stiftung damit unterbleiben kann. Denn dann hält sich der gestalterische Aufwand für das dazu passende Testament sehr in Grenzen. Der Erblasser braucht für eine Förderstiftung in der Form der Treuhandstiftung lediglich einen Treuhänder, den er als Erben bzw. Vermächtnisnehmer einsetzt. Diesem macht er dann zur Auflage, das ihm zugewiesene Nachlassvermögen treuhänderisch zu verwalten und ausschließlich zur Förderung der benannten gemeinnützigen Zwecke zu verwenden. Dem Testament sollte eine dazu passende Satzung als Anlage beigefügt werden. Die Haspa Hamburg Stiftung bietet hier als versierter Treuhänder Hilfestellung rund um das Gründen und Organisieren einer Stiftung. So kann der Wunsch nach einer eigenen Stiftung testamentarisch vorbereitet werden, ohne dass sich der Testierende finanziell in irgendeiner Form einschränkt. Der vielleicht interessanteste Weg ist für viele aber die lebzeitige Anstiftung in Kombination mit einem Testament.

Herr Lohkamp, welche abschließende Empfehlung haben Sie für den Leser?
RL:
Wir behandeln hier ein Thema, dass wirklich jeden betrifft. Wer nicht nach dem Motto lebt: "Nach mir die Sintflut", tut gut daran, sich frühzeitig mit geeigneten Gesprächspartnern über die eigenen Wünsche und Vorstellungen auszutauschen. Der Versuch, sich die passenden Antworten im Selbststudium zu beschaffen, wird regelmäßig scheitern. Zumindest ist dieses Vorgehen sehr fehleranfällig. Der Hang, dieses schwierige Thema aufzuschieben, führt in den meisten Fällen eher zu Verdruss. Man wird immer wieder davon eingeholt, dass eine vernünftige und wunschgemäße Regelung des letzten Willens aus den unterschiedlichsten Gründen noch unterblieben ist. Also suchen Sie sich die geeigneten Gesprächspartner und sorgen Sie für Klarheit.